Über die Zeit...

Time
    Zeit haben nur diejenigen, die es zu nichts gebracht haben.
    Und damit haben sie es weitergebracht als alle anderen.
    (Giovanni Guareschi)
Daran blieb ich heute hängen, an diesem Zitat. Es umschreibt meine Situation, meine Entscheidung, meine Gedanken ganz anschaulich. Natürlich ist das auch zu einfach gedacht. Aber:

Ich kam heute wieder nach 11-12 Stunden Arbeit nach Hause. Nicht das erste Mal. Sicher nicht das letzte Mal.
Die Diplomarbeit frißt...
Frißt Zeit. Frißt Leben.
Mein Leben hier besteht eigentlich nur aus Arbeiten und Schlafen. Unterbrochen von Wochenenden, an denen ich regelrecht fliehe, obwohl ich auch da arbeiten sollte...

Und wofür? Wofür quäle ich mich jetzt so, wieso sehe ich all den Studenten, Mitbewohnerinnen, und ähnliches nur hinterher?
Denn ich merke immer mehr, das ich mich mit riesen Schritten genau einem Leben nähere, in dem vieles, was ich mag, verschwinden wird und durch Sachen ersetzt wird, die ich nicht wirklich will.

Vor allem fehlt Zeit. Danach die Muße, die das Einlassen auf eine neue Situation ermöglicht, wie ich sie hier in Ulm habe. Den Bekanntenkreis hier aufbauen, das finde ich fast lästig... Das erschreckt mich.
OK, ich will eh nicht hier bleiben. Aber ist es wirklich nur das?

Schaffe ich nicht durch all das hier eine Situation, in der ich in noch mehr Arbeit, noch weniger Zeit und noch oberflächlichere Kontakte reinrutsche?
Wofür mache ich das?
Geld? Wohl kaum?
Erfolg? Sicherlich, aber reicht das? Wem will ich was beweisen, wenn mir die wichtigen, erkenntnissreichen, klugen und sympathischen Menschen abhanden kommen?

Braucht man diesen Erfolg? Will man nicht anderes? Gibt es andere Wege?

Ich liebe meine Freizeit, ich genieße es, einfach irgendwo hinzufahren, mich treiben zu lassen, neue Bekanntschaften zu machen... Ich brauche das mehr als Geld und Erfolg zusammen. Sonst bleibe ich zurück.

DIe Gedanken hatte ich schon früher, aber erst in Ulm bricht es richtig aus. Ich habe hier fast jeglichen Kontakt verloren. Teilweise aus Stress, weil ich keine Zeit habe. Teilweise auch, weil es anscheinend niemand interessiert, wie es mir geht, was ich mache...

Ich habe Familie immer abgelehnt, weil das immer zugeteilte Bekannte sind, die ich mir nicht ausgesucht habe. Hier in Ulm muss ich lernen, das nicht mal die ausgesuchten bleiben, wenn man weiter weg ist. Klar, man weiß das, aber es ist diesmal noch krasser als bei dem halben Jahr in München. So als wäre man schon abgeschrieben.

Nur wer bleibt dann noch übrig? Wer ist Anker?
Momentan staut sich soviel in mir, und es kommt nicht raus...

Mit der bittersüßen Aussicht, das so meine Zukunft aussehen könnte, bekomme ich Angstzustände.

Das wollte ich bestimmt nicht.

Nur was dann?
Chris (Gast) - 30. Sep, 05:27

Man muss immer weiter ...

Ja die Zeit tickt und tickt und unaufhaltsam rinnt einem das gute Leben durch die Finger. Irgendwie könnte man schon fast anfangen sich als letzten Anker auszusuchen, dass es noch ein Leben nach dem Tod gibt. Alles was man früher halt so verabscheut hat. Es ist doch irgendwie ganz schön beschissen, wenn man die Zeit hat, sein Leben zu geniessen, kann man es nicht, weil man kein Geld hat, und wenn man das Geld hat, hat man keine Zeit mehr. Aber die vehemente Frage, die sich auftut ist: "Will ich irgendwo bleiben". Hier in Mexiko könnte man sich fast etwas näher heranwagen. Der Spalt zwischen Arm und Reich ist grösser und die Mentalität ist anders. Es stehen sich schweigend die relativ glückliche "Wenn nicht heute, dann halt morgen"-Mentalität und das harte erfolgsgetrimmte kapitalistische Schema gegenüber. Wobei ich ersteres auf jeden Fall immer vorziehen würde. Leider ist es in Deutschland nicht warm.

ssxp - 30. Sep, 09:48

Gemach, gemach... für "Leben nach dem Tod"-Gedanken bin ich deutlich zu jung und deutlich zu atheistisch erzogen...
Ich glaube zwar, das Harald Schmidt Recht hat, das spätestens auf dem Sterbebett jeder religiös wird, aber bei mir passiert das sicher erst dann.

Interessant ist das ich die Frage nach dem "will ich irgendwann bleiben" oder "wo gehöre ich hin", mir auch stelle... Und zu ähnlichen Gedanken komme, nur halt Deutschland-spezifischer... Westdeutschland mag nett sein, interessant und alles... Aber der Unterschied zwischen den Einkommen ist hier einfach größer, im Osten, gerade in Dresden, hat man irgendwie das Gefühl, alle sind etwas ärmer, aber glücklicher...

Ansonsten, heute scheint die Sonne, blauer Himmel, Spätsommer... Und ja, warm isses nicht. *g*
Trotzdem verfliegen erstmal die nachdenlichen Gedanken...
Juliane (Gast) - 30. Sep, 12:48

"alle sind etwas ärmer, aber glücklicher..."

geld macht doch auch nicht gluecklich! ich glaube wenn ich was gelernt habe, vom aufwachsen in der DDR, spaeter Ostdeutschland, arme Studentin in the UK und Daenemark, dann ist es das Geld zwar ueberlebenswichtig ist, aber dass ich nur einen (minimalen) Grundstock brauche. der rest wird ausgefuellt von Freunden, allein sein, Natur, Musik, Kunst, Gedanken, Reisen, fremde Menschen in deren Leben du nur einen Moment Einblick hast etc.

gut, ich bin wohl auch nicht sehr erfolgsorientiert, ich plane meine zukunft nicht bzw anders als die meisten, die ich kenne.

stefan, noch 2 monate in ulm. du kannst dich entscheiden, wie du diese 2 monate leben wirst, ich glaube nicht, dass es sinnlos ist, (engere) soziale kontakte zu knuepfen. kopenhagen: spass auf zeit, 5 monate und ich kann nicht sagen, dass ich irgendetwas bedauere oder verpasst habe. so ist es mir noch nie gegangen (dass ich 100% sicher war und zufrieden, gut, vielleicht nicht 100% denn das waere wahrscheinlich so unertraeglich wie ein 24 stunden orgasmus, aber nahe dran). I have never felt that alive before.

zweifel sind ok, you have to reassess your life now and then, aber mach es konstruktiv und nutze die zeit. lerne ulm so gut wie moeglich kennen. und versuch auch mal aus diesem arbeitstrott rauszukommen (ich weiss, leicht gesagt als faule studentin), ich kann dir nur nicht sagen wie...

auch wenn das, was ich geschrieben habe totaler muell ist (kann gerade nicht mehr so logisch denken),
ich denk an dich!

ssxp - 30. Sep, 22:43

Tja, Ulm ist aber nicht Kopenhagen, und das merkt man leider auch ständig. So eine Stadt hier zieht halt eher auch Leute an, die es in der Ruhe schön finden... Das ist echt nicht meine Welt.

Und naja, das ausbrechen, man versucht es. Aber die letzten 2 Monate sollte ich eher mehr als weniger arbeiten, sonst wird das nix. Das ist das furchtbare...
Und danke, für die lieben Worte. :)
anna25bell - 30. Sep, 13:01

Zeit haben nur diejenigen, die es zu nichts gebracht haben.
Und damit haben sie es weitergebracht als alle anderen.


nach dieser aussage habe ich es wohl zu nichts gebracht weil ich habe onmas zeit

ssxp.notes

Leben - mobil - betrachtet

Augenblicke

www.flickr.com
This is a Flickr badge showing public photos from stefanx80. Make your own badge here.

Suche

 

Ulm im Bild

img_2776

Aktuelle Beiträge

du sprichst mir aus der...
du sprichst mir aus der Seele Da verbringt man Wochenende...
icke (Gast) - 27. Mai, 08:42
haben will
hoi... Bei solchen methoden frag ich mich doch, wer...
Enrico (Gast) - 26. Jul, 18:50
Pointer
Es ist soweit, es regt sich was in Berlin, ab jetzt...
ssxp - 29. Jun, 00:24
na dann werden wir wohl...
na dann werden wir wohl warten müssen!
anna25bell - 15. Mai, 14:24
So, hab jetzt doch noch...
So, hab jetzt doch noch alles in einem Rutsch durchgelesen....
Marcel (Gast) - 12. Mai, 05:12

sSXP.Notes Statistisch

Schlussendliches


xml version of this page


Creative Commons License

Persoenliches
Satirisches
Schwoebisches
X-traordinaeres
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren